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Kommentar zum Leitartikel Handelsblatt vom 4./5./6.05.2018 (Seite 30) „Hilfreiche Co-Manager“ von Jens Koenen

Im Leitartikel von Jens Koenen wird über die Rolle des Betriebsrates als Co-Manager geschrieben. Am Beispiel Volkswagen zeigt sich, wie kontrovers Co-Management diskutiert wird. Während Wolfgang Porsche die Zurückhaltung der Arbeitnehmervertreter fordert, sieht Bernd Osterloh als Betriebsratsvorsitzender von VW eher die integrative Kraft des Betriebsrates, die wirtschaftlich denkt. VW sei nicht trotz, sondern wegen seiner Mitbestimmung so erfolgreich.

Koenen führt aus, dass durch die sinkende Bedeutung des Flächentarifvertrages immer mehr Unternehmen aus den Tarifwerken aussteigen. Daher sei immer mehr auf der betrieblichen Ebene zu regeln. Weiterhin sei eine starke Arbeitsnehmervertretung angebracht, um das Kräfteverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu wahren. Ein weiterer Grund sei die zunehmende Kapitalmarktorientierung vieler Manager. Als Stakeholder wird der Aktionär gesehen. Aber ist der Arbeitnehmer nicht auch ein Stakeholder?

Eine erfolgreiche und nachhaltige Entwicklung von Unternehmen findet in der Regel erst statt, wenn die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital in einer gesunden Relation zueinanderstehen und zusätzlich die soziale Komponente berücksichtigt wird. Dies ist die Grundlage der sozialen Marktwirtschaft, die meines Erachtens ein wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Volkswirtschaft in der Nachkriegszeit ist.

Hier sind allerdings auch die Konfliktfelder zu sehen. Die Rolle des Betriebsrates ist primär die Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Ein Heranrücken an das Management des Arbeitgebers kann zu Irritationen sowohl bei den Arbeitsnehmern als auch bei den Arbeitgebern führen. Eine gesunde Konfrontation zu den Arbeitgebern findet unter Umständen nicht mehr statt oder wird auch als solche nicht mehr wahrgenommen. Ein Drahtseilakt für die Arbeitnehmervertreter.

Was kann also ein Betriebsrat als Co-Manager bewirken?
Was wäre der oder wären die Vorteile?

Bei rasant ändernden Außeneinflüssen ist ein gemeinsames Agieren für die Unternehmensentwicklung von Vorteil, da die Arbeitnehmerinteressen frühzeitig eingebracht und schnellere Entscheidungen getroffen werden können. Das gemeinsame Wirken „auf Augenhöhe“ setzt allerdings gegenseitiges Vertrauen und beidseitiger Respekt voraus.
Einseitig vom Arbeitsgeber gefällte Entscheidungen sind oftmals schwer umzusetzen. Mit Hilfe des Co-Managements könnten viel Aufwand und Kosten gespart werden und Konfliktpotenzial vermieden bzw. reduziert werden. Eine Voraussetzung: die Arbeitnehmervertretung sollte frühzeitig eingebunden werden, um gemeinsam neue Wege gehen zu können.

Was also braucht es, damit Co-Management erfolgreich ist?

  1. Co-Management kann nur erfolgreich sein, wenn die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitsnehmervertreter kooperativ verläuft. Die Arbeitgeber halten sich an die Bestimmungen des BetrVG.
  2. Es besteht gegenseitiges Vertrauen und ein respektvoller, wertschätzender Umgang.
  3. Die Arbeitnehmervertreter als Co-Manager müssen persönliche und fachliche Kompetenzen vorweisen. Nur so kann die Zusammenarbeit „auf-Augenhöhe“ mit dem Management „funktionieren“. Daher sollten kompetente, talentierte Arbeitnehmervertreter in den Gremien mitwirken, die teamfähig und zugleich durchsetzungsstark sind. Co-Management braucht Arbeitnehmervertreter, die den Aufgaben des Betriebsrats weiterhin gerecht werden, zugleich aber die Sichtweise des Managements annehmen können.
  4. Beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, haben immer wieder ihre Rolle zu prüfen und ggf. zu korrigieren. Hier kann ein Moderator oder Mediator, der beide Seiten gut kennen und verstehen sollte, unterstützend helfen.

Wenn es gelingt, durch ein gutes Miteinander „hart aber fair“ die überwiegend unterschiedlichen Interessen in eine sinnvolle Balance zu bringen, dann ist zumindest ein guter Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens gelegt – und zwar aus Sicht aller Stakeholder.

Dies gilt nicht nur für Kapitalgesellschaften sondern auch – vielleicht etwas abgewandelt – insbesondere auch für mittelständische Unternehmen.
Co-Management gelingt nur, wenn das eventuell vorhandene „Freund-Feind-Denken“ in der alten Form nicht mehr existiert. Ideologie und Dogmatismus helfen auf Sicht nicht weiter. Die großen Themen unserer Zeit, wie insbesondere die Digitalisierung, die demografische Entwicklung und der „Kampf“ um gute Fach- und Führungskräfte erfordern ein gutes Miteinander in den Unternehmen. Das soll nicht heißen, dass es nur noch einen „Kuschelkurs“ gibt. Nein, es heißt eher: sachliche und fundierte Diskussionen, ausgereifte Konzepte und fundierte Entscheidungen tragen zu einer erfolgreichen Zukunft der Unternehmen bei.