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Eindrücke vom Wirtschaftstag 2018 des Wirtschaftsrates Deutschland in Berlin am 12.06.2018

Der diesjährige Wirtschaftstag stand unter dem Motto „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Währungsunion – Zukunftsthemen anpacken, Marktkräfte stärken“.
Vor diesem Hintergrund war auch die Rede vom Wirtschaftsminister Altmaier zu sehen. Er fesselte das Auditorium durch einen leidenschaftlichen und auch sachlich fundierten Vortrag über Internationale Politik: Trump, Europapolitik, Migrationsthema usw. Das Ministerium sieht die Stärkung des Unternehmertums als eine wesentliche Aufgabe der Politik, damit diese zunehmend neue Arbeitskräften einstellt.

Der ehemalige Schatzkanzler Großbritanniens, George Osborne, betonte, dass nach dem Brexit eine enge und auch langfristige Partnerschaft mit der EU durch die Regierung in GB angestrebt wird.

Das Thema „Künstliche Intelligenz“ wurde durch einen Impulsvortrag von unserer Bundesministerin für Bildung und Forschung eröffnet. In der anschießenden Diskussionsrunde gab es kontroverse Beurteilungen zum Status und der Perspektive dieses Themas in Deutschland und der EU. USA und China wären bei diesem Thema deutlich stärker unterwegs. USA und Asien investieren ein Mehrfaches des Betrages, der in Deutschland bzw. der EU veranschlagt wird.
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, wies auf die Notwendigkeit eines stabilen heimisches Bankensystems hin, um Deutschland und Europa dauerhaft zu stärken.

Nach diesen Vorträgen gab es 4 Podiums-Diskussionen.
(Anmerkung: Am Podium 1 habe ich selbst teilgenommen. Die Anmerkungen zu den Podien 2 bis 4 habe ich auszugsweise aus dem Protokoll zur Veranstaltung genommen – es wurden hier nur wesentliche Punkte genannt)

Podium 1: Sicherheit als Wirtschaftsfaktor

Eine interessante Gesprächsrunde mit 6 Teilnehmern. Die Politik war vertreten, Esti Peshin aus Israel als ausgewiesene Cyber-Programm-Expertin, Friedrich Merz als Vorsitzender der Atlantik-Brücke, Holger Friedrich von Core SE und andere.
Ein klares Bekenntnis zum Freihandel sei erforderlich. Die Bedrohungen ändern sich, daher seien lernende Systeme notwendig, die sich zeitnah anpassen und durchgängig wirken. Weiterhin wurde betont, dass wir eine technische Infrastruktur haben, die wir nicht mehr in eigener Hoheit haben. Die Systeme sind „massiv“ international vernetzt. Umso wichtiger ist es, ein Konzept zu entwickeln, dass die Bedeutung für unsere Volkswirtschaft eindeutig klärt und Maßnahmen zum Schutz und zur Nutzung ableitet.

Podium 2: Soziale Marktwirtschaft im Spannungsfeld von Bevölkerungsalterung, Nullzins und Umverteilungswahnsinn

Die staatliche Rente wird nicht ausreichen, einen angemessenen Lebensstandard im Alter zu sichern. Nur durch eine starke Wirtschaft sind wir in der Lage, den Zustrom der Flüchtlinge zu bewältigen. Die niedrigen Zinsen nutzen eher den Staaten. Deutsche Sparer würden im Wesentlichen „die Zeche zahlen“.

Podium 3: Neuausrichtung der Energiewende für einen starken Industriestandort

Die Politik sieht „grandiose Herausforderungen“ im Hinblick auf die Erneuerbaren Energien. Hier besteht die Chance, ökologische und ökonomische Aspekte miteinander zu verbinden. Neue Geschäftsmodelle können hieraus entstehen. Allerdings wurde auch betont, dass es wichtig sei, zu klären, wie das Gesamtsystem der Energiewirtschaft zukünftig aussehen soll.

Podium 4: Starke Regionen, starkes Deutschland – Innovationen und Investitionen für den ländlichen Raum

Unsere Infrastruktur muss die beste der Welt sein, so wurde es vom CEO der Vodafone Deutschland gesagt. Weiterhin sei die Frage der Zukunft der ländlichen Regionen zu klären. Diese hätten insbesondere eine psychologische und eine infrastrukturelle Komponente – beide stehen in einer Wechselwirkung. Ein Vertreter eines Klinikkonzerns zeigte die Problematik der Überalterung der niedergelassenen Ärzte am Beispiel des Landes Brandenburg auf: 67 % der niedergelassenen Ärzte sind älter als 50 Jahre. Es kommen in den nächsten Jahren wenig junge Ärzte nach.

Weitere interessante Vorträge gab es in der Abendveranstaltung. Bill McDermott, Sprecher des Vorstandes der SAP, stellte die Künstliche Intelligenz als große Chance für SAP und die Wirtschaft heraus. Mit Mut und Optimismus sollten die Herausforderungen der Zukunft angegangen werden.
Sebastian Kurz, Bundeskanzler der Republik Österreich, wird ab 1.07.18 die Ratspräsidentschaft der EU übernehmen. Eine Verschlankung der EU-Bürokratie und weniger Regulierung sind seine Ziele. Das kam natürlich sehr gut beim Publikum an.
Unsere Bundeskanzlerin forderte mutig die Themen der Zukunft anzunehmen. Es gibt viele Baustellen. Wir müssen sie anpacken und nach vorne schauen.

Mein Fazit: Eine gelungene, sehr inhaltsdichte Veranstaltung für etwa 3.500 Teilnehmer. Es zeigte sich sehr deutlich, in welchem Spannungsfeld wir gegenwärtig leben. Deutschland und Europa haben nur eine Chance in der Welt, wenn sie gemeinsam auftreten und sich untereinander sach- und zeitgerecht abstimmen.

Für mich gab es einige „Aha-Erlebnisse“:

  1. Die fortschreitende Digitalisierung und die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz verändern unsere Gesellschaft. Die große Herausforderung wird sein: wie können wir die Menschen bei diesen zum Teil gravierenden Veränderungen mitnehmen? Haben wir noch ausreichende Beschäftigung, auch für die weniger qualifizierten Menschen? Ich denke, wir werden an einigen Stellen „Arbeit“ wieder neu definieren bzw. erfinden müssen. Menschen (insbesondere auch junge Menschen) definieren sich über eine sinnvolle inhaltlich wertvolle berufliche Tätigkeit. Damit ist der soziale Friede ein wesentlicher Punkt in der zukünftigen Gesellschaft. Eine  Aufgabe für die „Digitale Soziale Marktwirtschaft“.
  2. Deutschland ist ein Teil von Europa. Wir haben in der Weltwirtschaft nur eine Chance auf Wachstum – und auf „Wohlstand für alle“ – , wenn die Menschen in Europa sich als Europäer sehen, danach erst in ihrer nationalen und/oder auch regionalen Identität.
  3. Die Sicherheit in der realen, aber auch in der Cyber-Welt, wird immer wesentlicher und wichtiger. Wie können wir Hab und Gut, Leib und Leben in unseren Familien, in unserer Gesellschaft schützen? Wie gehen wir mit Bedrohungen jedwelcher Art um?
  4. Eine wesentliche Aufgabe wird die internationale (insbesondere europäische) „Handhabung“ der Flüchtlingsthematik sein. Es zeigt sich immer mehr, dass es keine ausschließliche deutsche Lösung geben kann. Wir brauchen mindestens eine EU-weite Lösung dieser Herausforderung.

Wir leben in einer sehr rasant sich verändernden Welt. Es sind große Herausforderungen zu sehen, in der Weltgemeinschaft, auf unserem europäischen Kontinent, in Deutschland und in unsere regionalen oder gar lokalen Strukturen.
Es ist aber auch eine sehr spannende Zeit. Die Menschheit hat über die letzten Jahrhunderte immer wieder Lösungen gefunden für die großen Fragen der Zeit. Wir werden sie auch finden. Und hier ist jeder Einzelne – ob Jung oder Alt – aufgerufen, seinen Beitrag dafür zu leisten.